Juliane Barth
Lüneburger Heide

Ich bin seit ca. 20 Jahren im Pferdesport zuhause, vor allem in der Vielseitigkeit, und habe die ein oder andere Geschichte erlebt. Das bringt mich auch dazu, Euch jetzt in meine Welt der Pferde mitzunehmen. Mein Geld verdiene ich als selbstständiger Creative Producer in der Werbefilmbranche und in der Social Media Welt.

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11. Juli 2017

Todesfelde, 08.07.2017 / Stil A Gelände

Was für ein seltsamer Turniertag… es fing damit an, dass meine Prüfung um 18:30 starten sollte. So spät war ich noch nie. Und in der Prüfung vor mir 70 Nennungen, das heißt, schon einige Pferde über die Strecke gepest. Aber die Tage vorher war es trocken und auch für Samstag war Sonne angesagt. Somit war ich guter Dinge, dass der Boden das halten würde.

Nessi sollte also ihre erste Geländeprüfung bestreiten! Ich war schon etwas aufgeregt. Bei der verrückten Stute weiß man ja wirklich nie, was passiert. Und dann auch noch Todesfelde, wo man jede Menge Menschen kennt und in einer Abteilung mit LK3+4, die alle da sicher durchsteuern. Aber egal, es gibt immer ein erstes Mal und da muss man eben durch.

Eingeflochten, alles verpackt, gings dann recht früh auf den Weg nach Todesfelde. Ich hatte gehört, dass sie die anderen Prüfungen um 30min vorgezogen hatten und somit im Gefühl, dass sie das bei uns sicherlich auch machen würden. Außerdem wollte ich in Ruhe ankommen und abgehen. Die Planung mit 2 Pferden bei 15 Startern war schon eng genug.

Als wir ankamen und bei der Meldestelle waren, hieß es dann schon mal 45min früherer Start. Gut, ist gar nicht erlaubt, aber was solls. Kann man ja mal machen 😉 Wir waren gottseidank früh genug dran, sodass wir auch noch zusammen abgehen konnten. Mit 11 Hindernissen war die Strecke nicht allzu lang. Trotzdem fand ich einige Sprünge für ein ausgeschriebenes Stil A* doch herausfordernd. Vor allem mit Nessi hatte ich meine Bedenken, da ich zwar vorher noch mal auf dem Platz war, aber nicht das richtige geübt hatte… woher soll man auch wissen, was sie da reinstellen? Vor allem 10a/b (Aufsprung mit Baumstamm dahinter) machte mich stutzig. Zum einen war der Aufsprung recht hoch und zum anderen hat Nessi so was noch nie gesprungen. Naja, es war jetzt eh nicht mehr zu ändern und ich wollte es wenigstens versuchen.

Ich war 2. und 9. Starter, aber sie machten wegen den Doppelstartern eine 15-minütige Pause in der Mitte. Das war ganz cool, weil anders auch nicht zu schaffen. Wir machten also beide Pferde fertig (putzen und alles bereit legen für Ted, da ich ja nur einen Sattel habe, mussten wir sowieso umsatteln), dann Ted wieder auf den Anhänger und mit Nessi auf den Abreiteplatz. Sie war wirklich etwas aufgeregt.. die vielen Leute, die Geländesprünge zum Abreiten.. alles irgendwie anders als aufm Springturnier.

Als ich den ersten Baumstamm anritt, war sie dann vollends irritiert und verweigerte erstmal die Arbeit. Auch beim zweiten Mal ließ sie sich nicht überzeugen, diese (gefühlte) Trabstange zu überwinden. Da war ich dann nicht mehr so angetan von meiner grandiosen Idee, das Pferd Gelände zu reiten 😉 Beim dritten Mal klappte es dann und alle anderen Sprünge aufm Abreiteplatz gingen dann auf Anhieb. Manchmal hab ich das Gefühl, dass sie erstmal ankommen muss im Gelände. Und wenn sie es dann kapiert hat, geht es auch.

Trotzdem war ich eher pessimistisch, was die Strecke anging. Ich weiß, das ist nicht unbedingt die beste Grundeinstellung, aber das war ihr erstes Gelände und es ist ein unerfahrenes Pferd, da kann eben alles sein. Und ich bin lieber positiv überrascht, wenn es dann doch funktioniert als total enttäuscht, wenn sie steht.

Nachdem die Prüfung dann doch wieder 10min später begann (coole Idee, 45min vorzuziehen), war ich auch schnell dran. Beim Start musste ich schmunzeln, weil der Start ausm Stand erfolgte und ich wusste, dass Nessi da ja gar keine Ahnung von hat und ich sie auch nicht überfallen wollte. Also trabte ich an, galoppierte an und ließ sie dann in ihrem Tempo erstmal los.

Zu 1 war schon mal Diskussion, aber da das nur ein kleiner Mini-Schweinerücken war, ließ sie sich ausm Trab überzeugen. Dann weiter Galopp.. über 2 (Hecke) und 3 (rotes Haus) ging es mit riesigen Sätzen rüber. Dann ging es durch einen Knick und sie sprang erstmal komplett über den Erdwall.. haha, sieht aufm Video mega lustig aus. Dann kam ein Rechtsbogen zu einem Tisch mit Äpfeln und Karotten.. da ging sie sofort rüber. Ich hab sie dann immer schön geklopft und sie war guter Dinge. Über die Wellenbahn (Tore) war sie noch schwammig. Typisch Springpferd.. hoch/runter? Nein, was soll das? Und dann kam sie recht unausbalanciert vom zweiten Wall runter auf die 5 und hat wohl nicht schnell genug geschaltet, is mir zu weit links ausgewichen und stand dann davor. Ich wusste ja vorher, dass es nicht einfach werden würde. Beim zweiten Anreiten machte sie es aber brav. Dann kam der Trakehner. Im Training hat sie den erst angezogen, dann bemerkt, dass ein Graben drunter ist und die Bremse gezogen.. ich war also auf alles gefasst, ließ aber nichts anbrennen und sie sprang mit riesem Satz rüber. Schnell einsammeln, denn die Wendung dahinter war etwas knifflig, denn es ging in einer knappen Rechtswendung auf eine Ecke, die total schwierig stand, wenn man sie nicht richtig trifft. Ich hatte mit Nessi noch nie eine Ecke gesprungen und dann noch aus so einer Wendung. Aber wir kamen mit Schwung um die Wendung und dann passte alles und Nessi ließ sich nicht lumpen 😉 So, nun zu dem weißen Sprung (den hatten wir wenigstens im Training schon mal gemacht), das klappte gut und im Rechtsbogen zu 9abc Wasser. 9a, einen dicken Baumstamm, nahm sie ohne zu zucken. Da war ich echt überrascht, denn das Wasser kam direkt danach und ich dachte, sie guckt da mehr. Ins Wasser wollte sie dann nicht sofort, stoppte kurz ab, ließ sich aber überzeugen. Und dann schnell antraben, angaloppieren, denn 9c war ein Trapez, ca. 1-2 Galoppsprünge hinterm Wasser. Das machte sie aber auch ohne Zögern. Da war ich schon super happy mit ihr. Klopfen und weiter. 10a/b hatte ich ja eingangs bereits erwähnt, dass ich da meine Sorge hatte. Vor allem, weil die Sonne schwierig stand und so vor dem Aufsprung auch noch Schatten war. Beim ersten Anreiten hat Nessi nicht verstanden, was das sein soll. Ich wollte sie nicht überfallen und hab den Steher auch ein bisschen in Kauf genommen. Beim zweiten Mal sprang sie aber total brav hoch, war dann kurz irritiert von dem gleich darauf folgenden Baumstamm, gab aber ihr Bestes und sprang runter… zwar mit großem Satz, aber doch mit mehr Übersicht als ich ihr zugetraut hätte 😉 Danach war für mich eigentlich klar, dass wir es wirklich ins Ziel schaffen würden! Es kam nur noch die Nummer 11 und die würde sie springen.. etwas zu früh, mit einem großen Satz sprangen wir ins Ziel. Ich hob die Hand, weil ich dafür echt keine Wertnote wollte (wer weiß, dann bleibt noch 2,5 übrig oder so ein Quatsch) und war echt zufrieden mit der Maus. Wir hatten uns durchgekämpft!

Dann gings flott zum Anhänger, Nessi wurde Mama in die Hand gedrückt, Teddy runter vom Anhänger und umgesattelt. Dann erstmal Schritt reiten. Mittlerweile war schon Pause und ich konnte mir nicht allzuviel Zeit lassen. Teddy war etwas nervig, drängelte Richtung Anhänger, machte sich krumm und schief und ließ nicht so richtig los. Über die Sprünge aufm Abreiteplatz ging es aber ohne zu murren.

Dann gings los Richtung Start. Ich wusste, dass wir seit dem Desaster in Hornsmühlen kein Turnier mehr gegangen sind, dachte mir aber: Naja, entweder, er zieht oder halt nicht und dann muss man mal schaun. Beim Start war er wie immer die Ruhe selbst, galoppierte aber gut vom Fleck weg. Zu 1 schwamm er rum, aber ich ließ ihn da nicht groß zögern, also rüber. 2 gut. Zu 3 wurde die Distanz etwas weit, aber ich dachte: komm, das geht, besser so als noch einen reinzimmern.. und Buuuum – da stand die Kiste. Mit viel Mühe hielt ich mich im Sattel (auch, um keine Kartusche der Airbag-Weste zu verschwenden.. ), ruckelte mich wieder zurecht und konnte es nicht so recht fassen, dass er an so einem gewöhnlichen Sprung stand. Zweiter Anlauf, etwas dichtere Distanz, rüber. Geht also doch. Dann durch den Knick – ging erstaunlich gut – Rechtsbogen zu 4. Wieder bekam ich die etwas große Distanz und Buum, die Kiste stand wieder im Staub. Alta. Wie der dann auch immer stehenbleibt. Gut, dass ich recht sattelfest bin bei dem kleinen Monster. Beim zweiten Versuch ging es dann auch darüber. Dann überlegte ich, ob ich rausreite, weil ich mir eigentlich sicher war, dass wir es eh nicht ins Ziel schaffen würden und ich so jetzt wenigstens den Sprung überwunden hatte. Aber im Eifer des Gefechts dachte ich dann auch wieder: Warum jetzt aufgeben? Vielleicht berappelt er sich ja noch. Ähmmmm…. nein. Er hatte (mal wieder) einen schlechten Tag und auch bei 5 war er nicht zu überzeugen.

Ich war ehrlich gesagt eher enttäuscht als wütend. Ich meine, verstanden hab ich den verrückten Fuchs noch nie, aber so seltsam wie er sich im Moment verhält, ist es wirklich schwer nachzuvollziehen. Ich bin momentan auch völlig ratlos, an was diese Art der Arbeitsverweigerung liegt. Er ist sonst gesund und munter, sieht gut aus, glänzt, hat seinen Spaß auf der Koppel, wird geritten und vielseitig trainiert, muss nicht jeden Tag die Halle sehen und und und. Eigentlich machen wir da doch alles richtig. Und das Jahr fing auch so gut an! Er lief die ersten Prüfungen sooo souverän, dass ich dachte, mit seinen 13 Jahren wäre der Knoten nun endlich geplatzt. Und jetzt? Geht garnichts mehr. Aber vielleicht muss ich mich auch selbst fragen, ob es an mir liegt. Dazu dann mal in einem anderen Artikel mehr. Das führt jetzt im Turnierbericht zu weit.

Ohne Schleife und mit gemischten Gefühlen ging es dann Richtung Heimat. Naja, es kommen auch wieder erfolgreichere Turnier-Tage. Kann ja nicht immer so laufen wie letztes Jahr 😉

Einige Bilder sind von Ute Goedecke

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3 Comments
  1. Antworten

    Sara

    12. Juli 2017

    Ich lese hier immer gerne mit und danke für deine interessanten Beiträge. Ich reite aber selbst nur Springen bis M, daher kenne ich mich wenig mit dem Gelände aus. Aber auf dem Video erkennt man deutlich wie Du bei beiden Stops von Ted vorher plötzlich anfängst ganz deutlich loszureiten und den gesamten Rhythmus veränderst. Für mich sieht es NICHT so aus als würde er die Arbeit verweigern, sondern als würde er nicht damit klarkommen wenn Du ihn plötzlich so überfällst und erwartest, dass er auf deiner “Los- Groß- Welle” mitschwimmt. Sobald du ihn in einem gleichmäßigen Rhytmus pilotierst, springt er ja sicher.

    • Antworten

      juli22

      11. August 2017

      Hi Sara,
      sorry für die späte Antwort. Du hast schon ein bisschen Recht. Im Nachhinein ist mir das auch aufgefallen und das lag vor allem daran, dass ich Nessi vorher geritten bin. Mit ihr gibt es ja unmögliche Distanzen, die Teddy natürlich nicht gehen kann. Aber in dem Rythmus war ich wohl drin und hab ihn etwas überfordert. Leider hat die Zeit gezeigt, dass er auch ohne dieses “Überreiten” im Moment nicht so motiviert ist.. trotzdem danke für deinen Tip – ich werde in Zukunft die beiden nicht mehr hintereinander reiten – zumindest nicht in der Reihenfolge 😉 Liebe Grüße!

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