Juliane Barth
Lüneburger Heide

Ich bin seit ca. 20 Jahren im Pferdesport zuhause, vor allem in der Vielseitigkeit, und habe die ein oder andere Geschichte erlebt. Das bringt mich auch dazu, Euch jetzt in meine Welt der Pferde mitzunehmen. Mein Geld verdiene ich als selbstständiger Creative Producer in der Werbefilmbranche und in der Social Media Welt.

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Der Weg ist das Ziel

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20. November 2017

Lehrgang bei Peer Ahnert in Hanstedt-Ollsen, 21.-22.10.2017

Wie viele von Euch ja wissen, bin ich ein großer Fan von Peer Ahnert. Wir kennen uns mittlerweile echt lange – soweit ich mich erinnere, seit meiner Kaderzeit, d.h. nun schon mehr als 10 Jahre. Er ist ein einfühlsamer Trainer, einer, der nichts überstürzt, der die Pferde langsam an neue Sprünge und Situationen heranführt und immer wieder die richtigen Worte findet, sein eigenes Gefühl zu finden und dem auch zu vertrauen. Er ist jemand, der immer ehrliche Worte findet, der einen begeistern und motivieren kann und sich neu in sein Pferd verlieben lässt. Rundum ein Trainer, den ich jedem nur empfehlen kann.

Ich wollte seit längerem mal mit Nessi bei ihm reiten. Vor allem, um mal zu hören, was er zu der verrückten Idee sagt, dieses Pferd im Gelände reiten zu wollen. Ich vertraue auf seine Meinung und seine Einschätzung. So ähnlich wie ich Nessi gern mal bei Michael Meier reiten wollte. Da bin ich einfach auch sehr interessiert auf unterschiedliche Ansätze und Ideen. Jeder Trainer hat da so seinen eigenen Weg, mit schwierigen bzw. herausfordernden Pferden umzugehen. Und wie mein früherer Springtrainer immer gesagt hat: Jeder Sprung gibt Kraft. So seh ich das bei Nessi auch. Jedes Geländetraining gibt wieder neue Erkenntnisse, neuen Input, neue Wege.

Daher war ich umso glücklicher, als ich endlich einen Platz bei einem Peer-Lehrgang in Hanstedt ergattern konnte. Es war ein Ersatztermin für einen Lehrgang, der über Nacht sofort voll war und so viele Teilnehmer auf den Wartelisten standen, dass sie für diese einen Ersatztermin schufen. Super Idee von den Hanstedter Mädels, die sich da wirklich viel Arbeit machen und den Platz mit Liebe und Sorgfalt pflegen. Sie haben da ein kleines Vielseitigkeits-Paradies geschaffen, das ich ebenfalls ohne Zweifel empfehlen kann. Dort gibt es kleine Sprünge, die gerade für den Einsteiger geeignet sind, viele Wellenbahnen zum Hoch- und Runter reiten, um die Balance zu üben, außenrum kann man galoppieren, sie haben 2 Wasser, einige Billards und und und. Dort kann man gerade mit unerfahrenen Pferden viel üben, lernen, heranführen ohne dass sie gleich überfordert werden. Also für Nessi genau richtig.

Ich hatte 2 Einheiten gebucht – am Samstag und am Sonntag. Mit Nessi ist die Einklassierung beim Gelände immer super schwer, weil Springen tut sie ja toll, aber im Gelände ist sie noch so grün, dass man sie im Grunde immer als Einsteiger klassieren will. Das passt meistens dann aber auch nicht, weil sie dafür dann doch schon zu weit ist. Naja, aber bei Peer machte ich mir keine großen Sorgen, weil ich weiß, dass er das immer passend macht, auch wenn die Gruppe vielleicht nicht so homogen ist. Sie war im Nachhinein aber insgesamt ziemlich stimmig. Etwas unerfahrene Pferde, die alle mal guckten und mal ihre Sache sehr gut machten. Von daher passte es alles. Das Wetter war nicht besonders schön, der Boden war schon ziemlich angegriffen, aber alles noch im Rahmen, denn nach uns wurde es noch schlechter – bei uns war es leichter Nieselregen und den restlichen Tag regnete es so richtig. Also nicht beschweren!

Am Samstag ging es erstmal an die absolute Basis. Angefangen mit einem Kavaletti über die erste Balance-Übung mit zwei Baumstämmen über einem Wall und dann das kleine Billard neben dem Wasser. Einfach aus dem Fluss ein paar kleine Sprünge und Spiel-Übungen, wie Peer gerne sagt. Nessi war natürlich hochmotiviert und sprang wiedermal vom Feinsten. Aber eben auch doll. “Immer warten, bleib ruhig” – ich sollte dann mit etwas längerem Zügel immer auf den Sprung warten. Nicht schieben, drücken, losreiten, immer warten. Ja, einfacher gesagt, als getan, denn Nessi springt ja immer so gern aus der großen Distanz. Aber gerade bei den kleinen Sprüngen sagte Peer, dass ich mehr drauf achten muss, nur bei ihr zu bleiben. An ihr dran bleiben, aber nicht hetzen. Sie muss selbst gucken und aufpassen und gibt dann schon die richtigen Signale. So waren die kleinen Linien dann wirklich aus der Ruhe. Teils aus dem Trab, teils sogar aus dem Schritt. Wir sollten aus dem Wasser eine Kante springen, die natürlich schwer zu taxieren war, aber keine Höhe. Beim ersten Mal machte sich Nessi das Leben selbst etwas schwer mit einem Riesensatz. Und dann sollte ich das ausm Schritt. Bei einer anderen Mitreiterin hatte ich gesehen, dass es geht. Man denkt ja dann immer, “das geht doch garnicht, wie soll sie da ausm Schritt hochkommen?”, aber es sind Pferde, die haben 4 Beine und kriegen die auch sortiert. Man wundert sich manchmal, dass man nicht immer 180km/h braucht, um irgendwo rüberzukommen.

Nessi trabte natürlich kurz vorher eh an und so war der Aussprung schon garnicht mehr so gewaltig. Auch an den kleinen offenen Graben konnten wir erstmal die Pferde ausm Schritt gucken lassen. Seit dem Training in Valluhn gruselt es Nessi etwas vor Gräben. Wir hatten da eine etwas unschöne Überraschung an einem Graben und daher ist sie jetzt vorsichtig damit. Sowas ist natürlich immer doof, wenn man wieder einen Rückschritt im Vertrauensverhältnis macht, aber manchmal leider nicht zu ändern. Das muss ich jetzt schrittweise wieder aufbauen. Aber nach dem ersten Gucken von beiden Seiten ging sie schon viel forscher hin und das war der Moment als Peer sagte:

Und jetzt hat sie dir gerade gesagt, dass sie da rüber will/geht. Das ist deine Kommunikation.

In dem Moment wusste ich auch, was er meint. Sie hatte klare Signale gegeben, dass sie bereit ist, da jetzt drüber zu springen. Und dann ging es ohne zu zögern von beiden Seiten über den kleinen Graben. Ich habe mal wieder gelernt, dass man noch viel mehr reinhören muss in die Pferde. Vor allem bei den unerfahrenen / unsicheren Pferden. Nessi macht diesen Eindruck nach außen nicht, aber ist innerlich oft unruhig oder unsicher. Da muss man dann bei ihr sein, einfach zuhören und keinen Druck ausüben. Sicher, beim dritten Mal anreiten / gucken lassen / etc. ist es dann auch genug und man muss im richtigen Moment einmal den Impuls geben, aber das ist dann auch eine andere Situation. Zu der kamen wir am Sonntag erst.

Mit einer weiteren kleinen Runde im Fluss und einem kleinen Einsprung ins Wasser, den Nessi total super absolvierte, nachdem ich es einmal ausm Schritt machen sollte und damit die Ruhe hergestellt hatte, die wir brauchten, war der erste Tag beendet und ich total happy. Sicher hat Nessi hier und da geguckt und eben nicht alles sofort wild gesprungen. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich ihr deutlich näher gekommen bin in allem.

Tag 2 begann mit einer ähnlichen lockeren Spielrunde. Der Graben war beim ersten Mal wieder gruselig, dann wurde es aber von Runde zu Runde immer lässiger und entspannter. Wirklich ein gutes Gefühl, wenn Nessi anfängt, den Hals zu benutzen, zu gucken und sich generell wohler zu fühlen. Danach ging es an eine etwas schwerere Passage mit dem kleinen Coffin. Wir durften erst von beiden Seiten reinreiten und den Pferden den Graben unten zeigen, damit es da keine bösen Überraschungen gibt. Nessi war das natürlich erstmal unheimlich. Beim ersten Reintraben hat sie auch noch gestoppt. Beim zweiten Mal ging es aber mit ein bisschen Überzeugung dann rüber. Und das ist das, wovon ich vohin schrieb. In bestimmten Situationen ist es dann natürlich schon erforderlich, den nötigen Impuls zu setzen und damit klar abzugrenzen: Hier darfst du gucken, ich mache keinen Stress. Und hier gehts jetzt rüber, ich bin da, mache keinen Stress, gebe aber eine klare Richtung. Diese Balance zu finden, wird definitiv meine Aufgabe im nächsten Jahr 😉 Ich werde da selbst unsicher, was ich machen soll, ob und/oder wieviel Druck es gerade braucht.

Die Coffin Übung war daher sowohl für mich als auch für Nessi super. Ich konnte ein bisschen die Balance finden und Nessi konnte ganz viel Grabentraining machen und ganz viel sehen. Den Abschluss der beiden Einheiten sollte ein kleines Bullfinsh (Graben mit Hecke dahinter) am Ende einer Abfolge von Hindernissen bilden. Da war ich natürlich etwas aufgeregt, denn auch so einen Sprung hatte Nessi noch nie gemacht und mit ihrer kleinen Grabenphobie im Moment konnte ich mir schwer vorstellen, sie darüber zu kriegen. Beim ersten Anreiten kam also mein typischer Fehler: Ich sah eine Nessi-Distanz (schön weit) und schob los.. Nessi total überfordert – hä? was kommt denn da? Oje, nee, das geht bestimmt nicht. Stop. Erstmal stehen und gucken lassen. Peer erklärte mir den Fehler. Und beim zweiten Anreiten kam ich zwar ähnlich hin, blieb aber dran, ließ ihr die Möglichkeit, sich selbst zu sortieren und schon ging es. Zwar mit einem Galoppsprung mehr, aber dafür ohne Angst. Und sie konnte gucken und hat damit Selbstbewusstsein gewonnen. Selbst die letzte Runde mit ein paar Häusern, den hohen Baumstämmen in Kombi, der Wiederholung des Coffins und zum Abschluss des Bullfinshs waren dann echt gut. Mit Übersicht, aus der Ruhe, nicht überpest. Ach, das war toll. Ein tolles Gefühl und immer von Peer unterstützt im richtigen Moment.

Zum Abschluss haben wir ihn natürlich noch gefragt, was er meint. Er meinte ganz klar: Wenn du schnell Schleifen willst, dann reite Springen. Im Busch ist das ein längerer Weg, du musst die richtigen Knöpfe finden und da gibts eben nicht gleich Platzierungen. Du musst ein paar Schritte zurück, wieder kleine Brötchen backen, ihr in Ruhe alles zeigen. Aber dann ist das ein tolles Pferd, die will ja, hat genug Vermögen und einen klaren Kopf. Dass unvorsichtige Pferde im Busch nichts taugen, ist ja Quatsch. Das muss jeder Reiter für sich selbst entscheiden, ob er den Weg gehen will oder nicht. Nicht jedes Reiter-Pferd-Paar funktioniert, das musst du für dich herausfinden, ob du damit umgehen kannst und klarkommst oder eben nicht. Bei ihr muss der Weg das Ziel sein.

Ich habe mir die Worte zu Herzen genommen und sie mir eindrücklich in mein Hirn gebrannt. Bei Nessi – auch, wenn alle immer das so hypen – darf man nicht Höher, Schneller, Weiter spielen. Sonst geht das auch schnell mal in die andere Richtung. Im Frühjahr heißt es also: Ganz viel Geländetraining, unterschiedliche Plätze, dann mal ein bisschen Stilgelände reiten und und und. Dann mal sehen, wo die Reise hingeht. Aber der Weg ist das Ziel!

Danke Peer. Für die vielen Einblicke, für die Rückbesinnung auf das Wesentliche und aufs eigene Gefühl.

Bilder von Edgar Schrader, der oft bei Lehrgängen in Hanstedt fotografiert! Danke für die vielen tollen Fotos von unserer Nessi-Maus!

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6 Comments
  1. Antworten

    Claudia Stelzer

    21. November 2017

    Toller Beitrag! Sehr lehrreich und inspirierend. Danke , dass du deine Erfahrungen so offen mit uns teilst!!! Grüße Claudi

    • Antworten

      juli22

      21. November 2017

      Vielen Dank ;)) freut mich immer, wenn das auch so toll angenommen wird 💪

  2. Antworten

    Silke

    21. November 2017

    Super Bericht! Der Ollsener Platz ist super und bei Peer macht das auch immer viel Spaß! Ich hoffe ja auch sehr, nächstes Jahr wieder dabei zu sein mit meinem Floh-Tier 😊🍀

    • Antworten

      juli22

      21. November 2017

      Da hast du recht :))) ich drück auf jeden Fall die Daumen!

  3. Antworten

    Jenny

    21. November 2017

    Sehr schöner Bericht und klasse Bilder – ihr seid ein tolles Paar! Meine kleine Araberstute und ich waren dieses Jahr zweimal im Lehrgang bei Peer in Ollsen – für Pferd und Reiterin das erste Mal „im Busch“ – hat super Spaß gemacht und wir kommen definitiv wieder! Alles Gute für euch 🙂

    • Antworten

      juli22

      21. November 2017

      Ach wie schön, das hört sich toll an! Vielen Dank!! Und für Euch auch alles Gute 😊

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