Der schnellste Gustl
Hard Facts:
- 21 Jahre alt
- ungefähr 1,70m groß
- Rheinländer
- Abstammung Gragenit x Ladalco
- Er gehört uns seit 2007
- Genießt seit ca. 2,5 Jahren sein fröhliches Rentnerdasein
Wenn ich Gustl mit 3 Worten beschreiben müsste:
- schnell und vorsichtig
- gefällig (will einem immer alles recht machen)
- schüchtern (im Busch und mit anderen Pferden)
Größte Erfolge:
- 2008 M*-Springen mit Stechen in Münzenberg gewonnen
- 2008 Frankfurter Festhalle 3. im Indoor Gelände
- 2013 Segeberg Kreismeisterschaft mit meiner Mama Große Tour gewonnen (2 L Spr.)
Wie kam Gustl zu uns?
2007 dokterten wir an Jimmy’s Sehnenproblem herum und so kam es, daß wir uns immer mal nach Pferden umsahen. Nicht wirklich suchten, auch nicht kaufen wollten.. Durch einen glücklichen Zufall kamen wir mit unserer lieben Freundin Constanze ins Gespräch, die für ihren 11-jährigen Wallach nicht mehr genug Zeit hatte und ihn gern vermitteln wollte. Bis dato war Gustl bereits erfolgreich im Springsport unterwegs gewesen, hatte aber die Freude daran etwas verloren und war zum “Wiederaufbau” bei Erhard Bartholomay in Espenschied, einem befreundeten Buschreiter und Trainer.
Gesagt, getan, ich sollte mal probieren, ob ich mit ihm klar komme. Das erste Mal ausprobieren lief durchwachsen. Ein tolles Pferd mit einigen Dressur-Schwachstellen, aber beim Springen gab er einem ein tolles Gefühl. Er war ein großes imposantes Pferd, springbegabt, tolle Bascule. Bei Erhard machte ich mit Gustl dann auch die ersten Geländesprünge – huuuiiiii, war der schnell. Halten? Nur schwer machbar. Aber Erhard hatte einen kleinen Geheimtipp: Zügel mit Schlaufen, sodass sie einem nicht durchrutschen können und man mehr Halt hat. Ein schärferes Gebiss war bei dem Pferd eher nicht sinnvoll und so ritt ich mit den besonderen Zügeln und das klappte gut. Da ihr ja so langsam wisst, dass ich Herausforderungen liebe, war ich auch von dem Pferd kaum abzuhalten! Talent? Vorhanden. Na, aus dem Rest lässt sich was machen 😉
Wir bekamen ihn erstmal ein paar Monate zur Probe und als ich mich entschloss, auch Vielseitigkeit mit ihm reiten zu wollen, übernahmen wir ihn.
Das Thema Vielseitigkeit war Gustl aber nie so ganz geheuer. Zum einen war da der Part Dressur, der ihm immer einen Strich durch die Rechnung machte und insgesamt auch sehr schwierig mit ihm war. Er gab den Rücken nicht gern her, lief selten lange in einer Anlehnung und regte sich dazu noch sehr auf im Viereck. Damit war das für die Richter immer ein bisschen zu verspannt und damit meistens keine gute Wertnote. Springen war dann kein Problem. Und Gelände.. ja, da gab es ja hoch und runter, ins Wasser, unübersichtliches Terrain.. das war für den großen “Springplatz-Gustl” doch etwas zu viel Input manchmal. Auf Plätzen, die zu überblicken waren, ging es meistens, aber wenn es mitten in den Wald, eben so richtig Busch, wurde, dann wurde er unsicher. Und mehr als einmal bescherte uns das unnötige Stops.
Aber das Thema Springen war für Gustl wie Nachhause-Kommen. Auf Springplätzen fühlte er sich wohl. Ich bin in einer Saison von A zu M geritten und das war damals garnicht unser Plan. Für mich war es das erste M-Springen und niemals hatte ich gedacht, sowas mal zu reiten. Aber da gab es einen Gustl und mit ihm waren plötzlich Sachen möglich, die vorher weit weg waren..
Das M-Springen in Münzenberg war vielleicht aufregend, mein damaliger Trainer Tim Friebertshäuser – der maßgeblich für diese Entwicklung verantwortlich war – war mit zum Turnier und gab mir genaue Anweisungen. In der ersten Runde hieß es einfach nur Null bleiben – obwohl ich ziemlich zurück ritt und den Rythmus nicht so gut hinbekam, war es für Gustl kein Problem, er wollte nicht an die Stangen kommen. Die Dreifache musste ich noch treffen, hörte von der Tribüne noch “Hooo, Hooo, hoo” von Tim und Gustl blieb Null. Also Stechen! Nun nochmal reinhauen.. und es gelang! Schnellste Runde! Gewonnen !! Es war soo unglaublich. Selbst nach fast 10 Jahren kann ich mich immernoch an so viele Kleinigkeiten dieses Tages erinnern. Das Video will ich Euch nicht vorenthalten. Ich hab es mittlerweile ungefähr 8.754 mal gesehen 😀
2008 Münzenberg
Allerdings habe ich mit Gustl auch die ersten Erfahrung mit Doping machen müssen. Keine Angst, ich habe nicht gedopt, aber man kann nicht vorsichtig genug sein und deswegen erzähle ich diese Geschichte auch. Ich war 2 Tage zum Turnier für L und M-Springen. Nach dem ersten Tag wollten wir ihm etwas Gutes tun, haben die Beine gewaschen und mit Kühlgel eingerieben. Erstmal nicht schlimm. Nach dem Start am Sonntag hieß es dann „die ersten 3 Platzierten in die Dopingprobe“, wir bekamen eine Box zugewiesen und es wurde eine Urinprobe genommen. Auch da noch nicht schlimm, ich hatte ja nichts gemacht. Zuhause haben wir trotzdem mal unseren Tierarzt angerufen und nachgefragt. Und er gleich „.. Kühlgel?? Oh Gott, welches denn? Mit Kampfer?.. Oje..“ Hätte mir ja auch mal vorher einer sagen können. Wir zitterten dann ein halbes Jahr! Aber ich hatte Glück, es wurde nichts gefunden. Seitdem bin ich aber deutlich vorsichtiger geworden, was das angeht.
Im Gelände hatte ich mit Gustls Schnelligkeit hier und da auch mal Probleme. Ich weiß noch, dass ich ihn vom Start erstmal garnicht halten konnte. Egal, was da kam. Ich bevorzugte also Strecken, die auf einer Ebene starteten, sodass ich die ersten Sprünge einfach aus dem Tempo springen konnte und so ab Sprung 4 konnte ich meistens wieder einwirken o.O Ich werde nie vergessen, wie ich in Hornsmühlen die VL reiten wollte und Sprung 4 ein extrem steiler Tiefsprung nach unten war. Im Vollspeed definitiv nicht machbar. Ich glaube, meine Mama sah uns schon die komplette Rolle da runter drehen. Bis kurz vor Sprung 4 dachte ich das auch, er war einfach nicht zu bremsen, obwohl wir ein extra Pelham fürs Gelände hatten (die Doppelschlaufen-Zügel reichten nicht mehr). Und da war er wieder, der kleine Angsthase, was, wo geht’s hier weiter? Da runter? Spinnst du? Und so kam er glücklicherweise von selbst zurück vor dem Tiefsprung und ab da ging das Regulieren deutlich besser.
Man kann jetzt von so vielen tollen Turnieren erzählen, die wir hatten und wo ich mich noch gut dran erinnern kann. Eins hab ich noch, undzwar Wehrda: Dort bin ich Zeit L geritten und hatte schon ein paar gute Wege gesehen. Mit ziemlich viel Galopp, kurzen Wendungen und Null kam ich ins Ziel (weil Gustl war ja im Schnellen auch noch mega vorsichtig) und gewann die Prüfung mit über 5 sec Vorsprung vor dem nächsten. Der Sprecher bekam sich garnicht mehr ein. Glooorius Time! Sein Turniername war Programm.
Hmm… und natürlich die Festhalle! Ein unfassbar cooles Ereignis. Ich durfte 2008 in der Frankfurter Festhalle reiten – Indoor Gelände. Eine ähnliche Prüfung wie die mit Alani in 2017 in Neumünster bei den VR Classics. Ähnliche Kulisse, also sehr aufregend, viele Menschen, viele tolle Mitreiter, die an den Start gingen. Und Gustl machte das so toll, er ließ sich kaum beeindrucken, war zwar aufgeregt, aber trotzdem bei der Sache. Und wir wurden am Ende sogar Dritte!!
Irgendwann – das muss so 2010 gewesen sein, gab ich Gustl an meine Mum ab. Busch wollte ich ihn nicht mehr reiten, weil es doch durch die vielen Stops und sein Hasenherz etwas frustrierend war und ich hatte zu der Zeit ja schon Teddy und Alani zum Mitreiten. Da lag dann mein Fokus woanders und Mama wollte – nachdem Jimmy nicht mehr so fit war – auch wieder Springen reiten. Mit Gustl wirklich ideal. Und die beiden fuchsten sich super ein, sodass sie dann auch einige L-Springen gewinnen konnte, sogar bei der Kreismeisterschaft 2013 die große Tour in Segeberg! Die beiden ritten auch noch ein bisschen Busch 🙂
Mittlerweile ist der gute Gustl 21 und genießt seit 2,5 Jahren sein schönes Rentnerdasein. Mit 19 war seine fortschreitende Arthrose leider nicht mehr mit dem Reiten zu vereinbaren undso kam er auf die Weide. Jimmy stand dort schon und wir waren nicht so sicher, ob sie sich wiedererkennen würden. Aber hallo? Na klar, er kam vom Anhänger auf die Koppel und die beiden sind die besten Freunde. Egal, wo Jimmy hingeht, Gustl geht mit, die beiden sind wie Pech und Schwefel.
Was macht Gustl aus?
- Im Springen fühlt er sich wohl, er springt eigentlich aus jeder unmöglichen Lage
- klebte immer an anderen Pferden
- Anfassen findet er nicht so cool, kuscheln geht also nur ganz selten
- Sein bester Freund ist Jimmy
- Turniername: Glorious Time
- Im Rentnerstall heißt er Gustav
- Dressur ist überhaupt nicht seins
- Im Gelände ein Hasenherz
- Er ist auch nicht der allerschlauste, lieb gemeint ist er ein bisschen “treudoof”
- Er hat mir im Grunde das Springen richtig beigebracht
- Wenn Dressur, dann gings nur mit hannoverscher Trense
- sehr schöne Bascule wie aus dem Lehrbuch
- Sein große Galopp hat mich in Springen und Gelände immer gerettet, da brauchte es nicht viel Tempo
- Lehrmeister, was das Springen betrifft
- eigentlich dunkelbraun, aber im Winter fast schwarz und im Sommer viel heller
- gut erzogen und super im Umgang
Ich bin wirklich extrem dankbar, dass Gustl unseren Weg gekreuzt hat. Ich habe durch ihn so viel gelernt, so viel erreicht. Ich glaube nicht, dass ich ohne ihn Alani so hätte ausbilden können, mit einer Selbstverständlichkeit des Reiters, um einem jungen Pferd die Sicherheit zu geben.
Nun kann er entspannt alt werden, bei Jimmy sein und Pferd sein. Das hat er sich mehr als verdient. Auf viele weitere Jahre Chilli-Milli !
Morgen kommt noch das letzte Portrait von Jimmy – also bleibt dran 😉
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