Juliane Barth
Lüneburger Heide

Ich bin seit ca. 20 Jahren im Pferdesport zuhause, vor allem in der Vielseitigkeit, und habe die ein oder andere Geschichte erlebt. Das bringt mich auch dazu, Euch jetzt in meine Welt der Pferde mitzunehmen. Mein Geld verdiene ich als selbstständiger Creative Producer in der Werbefilmbranche und in der Social Media Welt.

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Das schafft sie nie!

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12. Mai 2018

Luhmühlen, 28.-29.04.2018 / VA**

Nessi in ihrer ersten zusammenhängenden „richtigen“ VA. Der erste Versuch in Luhmühlen bei der Trainings VS am 01.04. und die Kombinierte in Engersen als Vorbereitung liefen ja mehr als gut. Unerwartet gut präsentierte sich die Stute auch im Viereck. Von daher war ich guter Dinge für Luhmühlen.

Die Zeiteinteilung brachte schon die erste Unsicherheit, da ich bei 4 Abteilungen (ca. 200 Starter) in der Abteilung war, die schon am Samstag Dressur und Springen reiten musste. Für Nessi vielleicht garnicht so schlecht, dann musste sie nicht alle 3 Disziplinen an einem Tag gehen (für sie ja auch noch ungewohnt), aber für uns hieß das 2x losfahren. Dafür wiederum war der Sonntag deutlich kürzer als bei den anderen A-Reitern.

Da in Luhmühlen meistens die Meldestelle von „Rechenstelle.de“ übernommen wurde, war zumindest die Orga in den besten Händen. Die Listen waren abends pünktlich da und ich war froh, dass ich um 15:50 Dressur reiten konnte. Das war nicht ganz am Anfang, aber auch nicht mitten in der Nacht (die Prüfung lief bis 18:30 oder so…). So konnten wir uns auf einen Nachmittags-Ausflug einstellen – und abends noch das Gelände abgehen.

Wir waren pünktlich vor Ort, konnten entspannt fertigmachen. Am Tag vorher war ich noch spontan beim Dressurtraining und wir hatten besprochen, wie viel ich ungefähr abreiten sollte (nicht zu lang, damit sie noch Kraft hat, aber lang genug, damit sie locker ist.. na, wie das immer so ist mit dem genauen Timing für Dressur). Das Gute bei einer richtigen VS sind die Startzeiten, sodass man das schon sehr genau timen kann.

Die Stute war beim Abreiten super. Recht entspannt, ließ sich gut anfassen, ging wenigstens ein bisschen rückwärts (ist noch so unsere Baustellen-Lektion) und war auch zu sitzen. Ich hatte also gar kein so schlechtes Gefühl beim Reinreiten ins Vorbereitungs-Viereck.

Was mich etwas stutzig machte, war die kleine Ansammlung Menschen, die sich um das Viereck platzierte und mir scheinbar zugucken wollte… ich meine, ja, es hatten sich einige über Insta/Facebook gemeldet, dass sie kommen wollten, aber oft wird daraus eher nichts. Diesmal waren es aber doch ein paar 😀 Und das bei Nessis Dressur? Da gibt’s doch nicht viel zu sehen…

Es fing gut an, sie lief brav rein, Verstärkung war gut, die Volten waren auch besser als gedacht (Rechtsstellung lässt im Moment etwas zu wünschen übrig), dann kam der Schritt, der war auch viel besser als in Engersen, da sie nicht rum zackelte, sondern ganz entspannt zum Schreiten kam. Dann Halten – Rückwärts.. ja, gezeigt, etwas nörgelig, aber zumindest nicht völlig unwillig. Dann rechts um, X links angaloppieren. Im Training nie ein Problem, daher auch nicht bis zum Erbrechen geübt. Und was macht Nessi? Springt rechtsrum an, verwirft sich, pariert auch nicht gleich wieder durch, total unwilliges Kopfschütteln, bis ich sie dann endlich durchpariert kriege und neu im richtigen Galopp angaloppiere. Verstärkung dann ok, aber nicht mehr so auf Angriff geritten, überstreichen ok, auch wenn sie sich da immer ein bisschen freimacht. Der Übergang zum Trab und wieder Angaloppieren dann sehr gut, nächste Verstärkung etwas Probleme in der Rückführung und das Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen können wir ja noch gar nicht, weil sie ins Rennen kommt.

Alles in allem ok, sehr schade mit dem Patzer beim ersten Angaloppieren, aber noch gut zu Ende gebracht. 6,7 die Note, mit der ich total zufrieden war! Da wäre ja eine kleine 7 drin gewesen ohne den Patzer!! Und das mit der Nessi-Maus. Es wird. Leider nach Dressur trotzdem sehr abgeschlagen (hatte ich mit 6,7 gar nicht erwartet) auf Platz 38 von 50.

Umsatteln zum Springen – musste alles flott gehen, da der Veranstalter schon mehrfach über Lautsprecher durchrufen ließ, dass man die halbe Stunde einhalten sollte, um zu vermeiden, dass die letzten Reiter im Dunkeln reiten mussten! Ich war aber innerhalb von 20min auf dem Abreiteplatz, machte ein paar Sprünge und war dann noch vor der Pause dran. Nessi sprang beim Abreiten schon wieder so hammer gut, dass ich nicht viel vorbereiten musste.

Drinnen erklang dann schnell die Klingel und es ging los. Sprung 1, Wendung auf 2, das kleine Flugzeug war wieder voll on Tour, aber ließ sich gut händeln. Sprung 3 ideal (da kamen viele schlecht hin), auf 4 wenden, Kombination, etwas großzügig rein, das hieß, dass es knapp wurde hintenraus, aber Nessi katapultierte sich raus. 5 und 6 dann wirklich sehr gesittet, 7 gut aus der Wendung über den Oxer und dann noch 8 und 9 – bei 8 etwas groß, aber für sie im A-Springen so gar kein Problem und der letzte. Kein Fehler, supergut, innerhalb der Zeit, brave Nessi. Das ist ihre Paradedisziplin.

Das gute Springen brachte mich nochmal 8 Plätze nach vorne. Aber auf dem 30. bist du trotzdem zu weit weg von der Spitze, als dass man sich noch was ausrechnen konnte. Trotzdem heißt die Devise im Busch immer „Abgerechnet wird zum Schluss“, weil man nie weiß, was passiert 😀

Nach einem kurzen Stopp beim Essen stiefelten wir durch das Gelände. Der erste Schock: 2.550m – puh, eine ganz schön lange Strecke. Ist Nessi auch noch nie galoppiert. Aber das war das kleinste Problem, sie rennt ja gerne und wird selten müde. Trotzdem war das auch für mich eine weite Strecke, bei der man bis zum Ende noch unterstützen können muss.

Ich wusste vom letzten Jahr mit Teddy, dass es schwer sein würde. Luhmühlen lässt sich da nicht lumpen, die stellen schon zum Anfang der Saison immer eine ganz schöne Herausforderung an die Teilnehmer. Und so auch in diesem Jahr. Sprung 1,2,3,4 waren zum Einlaufen, aus dem Wald, große Schleife hintenraus, erstmal ein paar Meter machen und die Pferde in Gang bringen. Sprung 5 dann im Wald auf einer Schneise schon sehr schmal und auch was zu springen, gar nicht ohne. Hat sie so in dem Maß auch noch nie gesehen. Das war mein erster Schafrichter. 6 so ähnlich, aber wenn man die 5 überstanden hatte, wäre die 6 auch kein Problem. 7 die kleine Steinmauer hinter einer Senke.. für unerfahrene Pferde auch nicht zu unterschätzen durch die Bodenunebenheit. 8 dann Wasseraussprung beim oberen Wasser (DHL-Teich bei der großen 4*). 9ab Kombination ins untere Wasser auf dem großen Platz. Das war auch nicht ohne. Keine Ahnung, was sie da tun würde. Wir sind noch nicht viele Wasser-Einsprünge geritten (wie ihr wisst) und manchmal geht sie nicht mal so ins Wasser rein, manchmal springt sie wie in Reesdorf mit einem riesigen Satz los. Also einfach mal gegen reiten und festhalten. Das war mein Plan 😀

10 ein schmaler in einer S-Kurve, 11 Absprung, 12 Graben, 13 Aufsprung aus der Sunken Road und 14 dann raus aus dem großen Platz wieder Richtung hinteres Gelände. Die 10 fand ich ganz schön schmal, aber wenn sie da in Gang war, würde sie das bestimmt machen. Die 12 kannte sie vom Training mit Michael (muss aber nichts heißen). 14, eine sehr breite Hecke, sollte kein Problem sein. 15 auf einer Gras-Schneise neben dem Messmer-Teich eine Art Schweinerücken, sollte gehen. Und dann die 16 – in einer 90-Grad Kurve auf der Anhöhe, direkt neben dem Teich ein sehr schmales Trapez. Puh, fand ich auch wirklich anspruchsvoll. Mal sehen. 17,18,19 war dann zum Nach-Hause-Reiten. Die Meter passten fast (minimal länger), also waren meine Minutenpunkte auch ganz ok. Daran muss ich noch feilen, damit man hintenraus nicht immer so Druck machen muss, sondern lieber vorne etwas schneller losreitet.

Nach’m Abgehen war ich beeindruckt. Schon sehr. Ich kann Nessi noch sehr schwer einschätzen, was sie zu einzelnen Sprüngen sagt, ob sie sich einläuft, ob sie Sprünge, die sie schonmal gesehen hat, „wieder erkennt“… gar keine Ahnung. Das ist echt noch ein Ritt ins Blaue. Da muss man ohne viel drauf rumzudenken einfach losreiten und sein Bestes versuchen. Wenn ich ganz ehrlich bin, war ich Samstag Abend nicht der Meinung, dass wir das Ziel erreichen würden. Denn bei mindestens 3, wenn nicht sogar 5 Sprüngen war ich mir wirklich unsicher, ob sie die beim ersten Mal anreiten gleich verstehen und damit losspringen würde. 2 / 5 / 9 / 10 / 16

Wie Mama aber so ist, bestärkte sie mich mit positiven Gedanken und „lass mal versuchen“! Nur so lernt sie es ja. Und Mama hat immer Recht!

Also ging es Sonntag wieder los. Ganz schön früh. Startzeit 10:14 bedeutet auch 7:00 im Stall mit Packen, Losfahren, Fertigmachen, Stollen etc. Mir war schlecht, ich war aufgeregt, ich wusste nicht, was passiert. Ich glaube, so aufgeregt war ich das letzte Mal vor der Strecke in Osnabrück mit Alani letztes Jahr (nach seiner Pause). Ich kann euch sagen, mir ging’s gar nicht mal so gut vorm Start.

Als ich dann endlich gestriegelt, gebügelt und komplett ausgestattet aufm Pferd saß, ging’s – Helmkamera, Airbag-Weste, alles am Pferd, etc. beim Warmreiten wurde das Gefühl besser. Die Vorbereitungs-Sprünge waren allesamt sehr gut, sie zog alles an und war gut drauf. Dann gings rüber zum Start.

Kurz vor der Startbox hab ich dann nur an Mamas Worte gedacht

„Du musst es auch wollen!“

Und damit hatte sie recht. Wenn ich da jetzt mit wackeligen Beinen drauf sitze und darauf warte, dass die Stute das Gucken anfängt, wird’s nichts. Dafür bin ich nicht so früh aufgestanden und nach Luhmühlen gefahren. Also los – nur Mut wird belohnt.

Startbox – Nessi wie immer entspannt – sie weiß noch nicht, was passiert. Zu 1 brauchte sie noch deutliche Unterstützung, 2 durch die Bäume den dicken Baumstamm guckte sie recht früh und war sich nicht sicher, aber auch da ging sie mit Hilfe rüber. 3 Birkenoxer immernoch etwas Unterstützung, aber sie fing an zu ziehen und der erste Minutenpunkt passte auch fast. 4 ging dann von selbst. Dann kam meine erste richtige Herausforderung, die 5. Im Wald taxiert, Nessi war sich unsicher. Ich sah eine Distanz und war kompromisslos – Nessi mit einem riesen Satz rüber!! Ein echter Wahnsinn. Die 6 hab ich dann auch grad noch so gekriegt. Bei 7 parierte sie kurz vor der Senke fast durch, guckte einmal, ich ließ sie, dann machte sie es brav. Wasser vor 8 ähnlich, aber dann den Aussprung auch brav gemacht. Ich versuchte, zwischen den Sprüngen immer wieder ans Atmen zu denken. Dann kam die 9ab. Und Nessi zog und zog und zog. Ich sah, das wird eher groß, aber ich will jetzt auch nicht zuppeln, das ist Luhmühlen, das Wasser wird das schon halten – SHIT POSITION und Nessi kam mit einem Monster-Satz reingesprungen. Und ich war sogar noch oben drauf 😀

Danach kam mir das erste Mal kurz der Gedanke, dass wir es bis zum Ziel schaffen könnten. Zu 10 hab ich etwas abpariert, dass sie das schmale Hindernis auch checkt, der Absprung war dann kein Problem, der Graben nicht, der Aufsprung nicht und auch die Hecke sprang sie ohne zu Zögern weg. Wir waren immer noch ganz gut in der Zeit.

Zu 15 gab es auch kein Problem, dann nahm ich sie etwas raus, ritt die Wendung ordentlich, kam dann leider im Kreuzgalopp an und dachte nur: Wenn nicht die Distanz, dann garnicht, also los. Bisschen geschoben, geb ich zu, aber Nessi war damit auf klarer Linie und befolgte meinen Plan einwandfrei und ohne Zucken. Krasses Pferd.

Da war mir dann endgültig klar, dass wir es schaffen würden und womöglich sogar ohne Stopp. 17, 18 ließ ich sie fliegen und zu 19 ließ ich sie auch nochmal richtig galoppieren. Das Pferd hat Power. So lief sie fast noch in die Zeit und das sah doch alles recht mühelos aus.

Mit nur 2 Zeitfehlern beendete ich das anspruchsvolle Gelände. Schon ein Wahnsinn, wo ich vorher dachte, das schaffen wir nie! Ich hatte das Gefühl, irgendwie hat es Klick gemacht. Denn sie war ein ganz anderes Pferd mit dem Zug nach vorne und dieser Selbstverständlichkeit, wie sie an die Aufgaben ran gegangen ist. Das dolle Springen kam mir auch nicht mehr ganz so schlimm vor, weil wir endlich den richtigen Galopp für sie gefunden hatten!!

HAPPYNESS auf ganzer Linie kann ich nur sagen. Wir beendeten mit -51,5, was kein schlechtes Ergebnis war. Und meine Lieben: Auf dem 24.Rang – nochmal 6 Plätze nach vorne. 14 Plätze insgesamt von der Dressur aus… das kann was werden, wenn wir uns dressurmäßig noch etwas verbessern. Ich hätte wirklich NIE gedacht, dass sie da soo durchschnurrt. Es macht viel Hoffnung auf die Saison und ich bin super gespannt, was sie in Süsel macht, denn auf dem Platz war sie vorher nicht mehr und es wird absolutes Neuland mit den Bergen und den schmalen Wegen.

Danke an Horse & Rider für die neuen Veredus Geländegamaschen – ein Traum !!!

Die schönen Bilder sind von Fabienne Zwahlen, Annette Dölger und Laura (Laura_Captures) 🙂

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